Das scharfe S: Vong Morphologie und History her.
Das deutsche Alphabet besteht aus den 26 Grundbuchstaben des lateinischen Alphabets und drei Umlauten. Und dem scharfen S. Die Umlaute, die im Deutschen verwendet werden, gibt es auch in diversen anderen Sprachen. Das Eszett, wie „ß“ auch genannt wird, existiert dagegen nur im deutschen Sprachgebrauch und das auch nur in Österreich und in Deutschland – die Schweiz und Liechtenstein verzichten darauf.
Jetzt kommt das scharfe S groß raus.
Außerdem unterschied sich das scharfe S bis vor Kurzem auch noch dadurch von den anderen Sonderbuchstaben des deutschen Alphabets, da es nur als Kleinbuchstabe existierte. Seit 2007 hat es einen Platz in Unicode (notwendig für den digitalen Gebrauch der Glyphe), doch erst seit 2017 erlaubt der Rat für deutsche Rechtschreibung auch das Versal-ß.
Obwohl es das ß in vielfältigen Formen gibt, haben Deutschsprachige gelernt, den Buchstaben immer zu erkennen.
Es heißt nicht German B!
Es gibt allerdings auch Font-Varianten, bei denen man sich fragen muss, ob der Gestalter überhaupt wusste, wie das scharfe S funktioniert und eingesetzt wird. Und dem nicht deutschsprachigen Leser fällt es noch schwerer dieses Sonderzeichen zu erkennen. Da verwundert es wenig, dass das scharfe S im Englischen auch manchmal als „German B“ bezeichnet wird.
Ligatur, oder wenn zwei Buchstaben eins werden.
Das scharfe S ist eigentlich eine Ligatur zweier Buchstaben, also die typografische Verbindung zweier Buchstaben, meistens aus optischen Gründen.
Diese Ligatur besteht aus zwei S-Buchstaben: dem langen und dem runden S. Sie sind einfach zwei unterschiedliche Ausprägungen des Graphems S und sich also nicht in der Bedeutung voneinander unterscheiden, aber historisch unterschiedlich gebraucht wurden.
Lang oder rund?
Verkürzt gesagt, verwendet man das lange S innerhalb von Worten und das runde S am Ende von Worten, auch bei zusammengesetzten Hauptworten, seltener auch einfach am Silbenende innerhalb eines Worts.
Bis ins 18. Jahrhundert war die Unterscheidung von langem und rundem S auch in anderen Sprachen allgemein üblich – das kann durchaus praktisch sein, z. B. in diesem Fall:
Meistens ist es jedoch nur ein typografisches Detail und im lateinischen Satz heute ungebräuchlich. Im gebrochenem Satz kennen wir das aber noch, jedenfalls in bestimmen Branchen:
Das scharfe S und der vergessene Großbuchstabe
Ursprünglich existierte vom scharfen S – da es stets im Wortinneren eingebettet ist – nur der Kleinbuchstabe. Als Großbuchstabe konnte es das ß nicht geben. „WARUM NICHT????“, fragen Sie sich jetzt vielleicht empört, „ES GIBT JA AUCH DEN VERSALSATZ!!!!“
Stimmt. Unter Versalsatz versteht man den ausschließlichen Einsatz von Großbuchstaben (Versalien) in Wörtern oder auch Sätzen. Er wird vor allem in der Buchgestaltung genutzt und immer wenn man etwas HERVORHEBEN will. (Also so wie es der aktuelle amerikanische Präsident in seinen Tweets gerne tut.)
Doch das Deutsche wurde bis ins frühe 19. Jahrhundert nicht in lateinischer Schrift, sondern in gebrochener Schrift gesetzt. Und bei gebrochener Schrift kommt der Versalsatz nicht zum Einsatz (außer in Form von Tattoos auf den Unterarmen mancher Profifußballer und Gangster-Rapper). Für Hervorhebungen verwendet man stattdessen das „Sperren“ – also das Vergrößern des Abstandes zwischen den Lettern.
Jetzt gibt’s 1 bisschen History
Der Aufstieg der Antiqua im Deutschen dauerte 2 Jahrhunderte und lange Zeit wurden beide Schriften nebeneinander sowie miteinander verwendet.
Abgeschafft wurde die gebrochene Schrift im damaligen Deutschen Reich erst 1941 von Hitler persönlich, um sich internationalen Standards anzupassen, nachdem sie bis dahin von den Nationalsozialisten bevorzugt wurde. Trotzdem gilt die gebrochene Schrift auch heute noch als Nazi-Schrift.
Die Alliierten haben dann auch den Gebrauch der gebrochenen Schrift in Deutschland untersagt, weil sie diese nicht lesen konnten. In der Schweiz wurde die Schrift nicht verboten, aber im Lauf der nächsten Jahrzehnte sind sie Deutschland nachgezogen.
Zeit, Größe zu beweisen
Aber spätestens seit dem Anfang des letzten Jahrhunderts wurde klar, dass ein Versal-ß eigentlich her muss. Auch wenn es am Wortanfang nie vorkommt, gibt es einige Situationen für ein Versal-ß.
„Das Schriftzeichen ß fehlt leider noch als Großbuchstabe. Bemühungen, es zu schaffen, sind im Gange. Es wird jetzt noch ersetzt durch SS oder, falls Missverständnisse möglich sind, durch SZ.“ – Der Große Duden, 16. Auflage von 1969
Das ist der Titel der Ausgabe von 1957:
Inzwischen wird das Versal-ß ja verwendet und in der oben erwähnten aktuellen Ausgabe des amtlichen Regelwerks des Rechtschreibrates steht: „Bei Schreibung mit Großbuchstaben schreibt man SS. Daneben ist auch die Verwendung des Großbuchstabens ẞ möglich. Beispiel: Straße – STRASSE – STRAẞE.“
Also wie kann man die neue Glyphe auf seinem Rechner mit deutscher Tastatur verwenden:
Mac: Noch keine Tastaturkombination, geht nur über das Textmenü in den Systemeinstellungen
Windows: Alt Gr + Shift + ß
Ubuntu Linux: Alt Gr + Shift + s
GROẞARTIGE SCHLUSSWORTE hier selber einfügen.